Das bin ich

Eine sehr persönliche, traurige und doch schöne, aber wahre Begebenheit um das Thema Liebe, Kinderwunsch, unerfüllter Kinderwunsch, Schwangerschaftsverluste, den Verlust unserer erstgeborenen Tochter und den intrinsischen Wunsch nicht aufzugeben! Ich habe meinen Mann 2014 getroffen und lieben gelernt. Erst nach seinem Heiratsantrag im Januar 2018 haben wir darüber gesprochen, wann wir eine Familie und zwar eine mit vielen Kindern gründen wollten. Wir waren uns einig, dass wir es erst ein oder zwei Monate vor unserer großen Hochzeit im Juni 2019 darauf anlegen würden. Ich habe oft gehört und auch gelesen, dass es manchmal eine Ewigkeit dauert schwanger zu werden, nachdem man über Jahre hinweg die Anti-Baby-Pille genommen hat, daher entschieden wir die chemische Verhütung abzusetzen. In der Zeit von Mai bis Dezember 2019 waren wir drei Mal schwanger: 1x bis zur 6. SSW, 1x ging es bereits in der 5. SSW ab und das trotz der prophylaktischen Einnahme von Progesteron und das letzte Mal in diesem Zeitraum, war ich ganze 10 Wochen schwanger und verlor das Baby in der 11.SSW mit einem ‚Missed Abort‘ einen Tag vor dem 37. Geburtstag meines Mannes. Bei unserem dritten Sternenkind haben wir sogar das kleine Herzchen flackern sehen. Zu diesem Zeitpunkt bat ich meinen Frauenarzt darum, dass wir etwas unternehmen müssten. Der Gang zur Blutgerinnungsdiagnostik folgte und es stellte sich heraus, dass ich (wie übrigens viele Frauen in Deutschland) zwei Arten der Blutgerinnungsstörung habe, diese kann durch die Injektion von Heparin während Schwangerschaft ausgeglichen werden. Es dauerte 4 weitere Monate, bis wir das nächste Mal schwanger waren, also 4 Schwangerschaften in 10 Monaten. Dieses Mal schien das Glück jedoch auf unserer Seite zu sein, denn mit der Gabe von Progesteron bis zur 13. SWW, der durchgängigen Gabe von Heparin und unzähligen pränatalen Untersuchungen, brachte ich am 13. Dezember 2020 ein gesundes kleines Mädchen zur Welt. Trotz unauffälliger pränatal Tests, 1A APGAR Werten und einer unkomplizierten Geburt erlitt unsere Tochter Charlie am 11. Januar 2021 einen Herzstillstand. Es folgten drei unbeschreiblich betäubende Monate auf der Kinderintensivstation in der Kaiserswerther Diakonie in Düsseldorf, während welcher Zeit Charlie keine Stunde ohne wenigstens eines ihrer Elternteile verbrachte und doch, trotz all der ärztlichen Bemühungen und unserer unendlichen Liebe, verloren wir den Kampf um ihr Leben und mussten sie am 05. April 2021 zurück hinauf in den Himmel gehen lassen. Postmortal fanden wir heraus, dass Charlie einen de novo Gendefekt in sich getragen hat, welcher eigentlich mit ihrem ersten Atemzug darauf hätte hindeuten müssen, dass ihr Leben auf der Erde nicht von Dauer war. Und doch war sie bei uns zuhause über 4 Wochen lang ein ganz normales und scheinbar gesundes kleines Mädchen . . . Am 12. April 2021 fand Charlies letzte Ehre statt. Jedem Menschen ist es überlassen, wie er Abschied nehmen möchte und wir wollten, all den lieben Menschen in unserem Leben die Möglichkeit geben, sich von Charlie zu verabschieden, wenn die aller meisten von ihnen schon keine Chance hatten, sie persönlich kennen und lieben zu lernen. Es war ein wundervoll berührendes Fest der Trauer. Wir hatten das gleiche Wetter wie an jenem Tag, an welchem Charlie zurück hinauf in den Himmel geflogen ist: Es schneite, es regnete, die Sonne schien und alles wiederholte sich in einer scheinbar nicht enden wollenden Schleife. An ihrer letzten Ruhestätte angekommen jedoch gewann die Sonne Oberhand und begleitete unsere Tränen der Trauer. Für uns war es der richtige Weg, denn nach monatelanger Isolation, gefangen in unserer kleinen Blase, brauchten wie die Liebe und den Beistand all derjenigen, die diesen Tag gemeinsam mit uns ertragen haben. Auch hier wieder, muss jeder Betroffene seinen eigenen Weg finden. Die Zeit nach dem Tod unserer wundervollen Tochter Charlie war grausam leer und ich habe mich verloren gefühlt. Wunderschönerweise sind wir bereits im Juni darauf wieder mit einer Schwangerschaft gesegnet worden, aus welcher unser kleiner Wildfang Coco im Februar 2022 das Licht der Welt erblickte. Die innige – und durch unser Schicksal noch verbundenere - Beziehung zu meinem Ehemann, die Schwangerschaft mit meiner zweiten Tochter und ein intrinsischer Fokus auf die Themen der Positiven Psychologie waren die Pfeiler, die ich während der Zeit der Trauer brauchte, um weiterzumachen. Auch war es dieses Schicksal, welches mich zurück zur Psychologie geleitet hat. Die Positive Psychologie bietet so wahnsinnig viel Unterstützung in vielen Bereichen des Lebens, doch vor allem in Zeiten der Trauer und des Verlustes scheint sie eine heilende Kraft zu besitzen. Ich sage nicht, dass die Positive Psychologie einen von der Trauer heilt, denn das geht nicht. Die Trauer um den Verlust eines geliebten Menschen bleibt ein Leben lang, man lernt nur, wie man mit ihr als neuer Teil des eigenen Lebens, des eigenen Ichs weiterleben kann. Auch heute (Stand: Frühjahr 2024) brauche ich sie noch immer, um mit der Trauer, dem Verlust, aber auch den alltäglichen Hürden besser klar zu kommen. Insbesondere, da wir uns nun schon wieder mit dem Thema Kinderwunsch auf Kriegsfuß befinden. Als unsere kleine Tochter Coco knapp 6 Monate alt war, haben wir das Thema ‚große Familie‘ wieder aufgenommen und haben in den letzten 12 Monaten (August 22 - Juli 22). sagenhafte 7 weitere Schwangerschaften in verschiedenen Schwangerschaftswochen verloren. Im Herbst 2023 begaben wir uns in die Kinderwunschklinik im Ausland, da es keinen Test und keine Untersuchungen mehr gibt, die wir nicht schon in unseren Bemühungen um eine Familie hinter uns haben. Die Trauer, Frustration, Wut, das Gefühl verloren zu sein und auch der Wille noch nicht aufzugeben begleiten uns gerade täglich durch den Alltag. UPDATE: Wir sind wieder schwanger und sind in freudiger Erwartung auf die Geburt unserer dritten Tochter im Mai 2024! Dank des leider viel zu kurzen Lebens meiner Tochter Charlie bin ich heute die Psychologin, die ich immer schon sein wollte. Jemand, der nicht nur die theoretischen Fakten und das praktische Können besitzt, sondern – und das ist für mich vielbedeutender – jemand, der ganz genau verstehen und empfinden kann, was der Gegenüber gerade durchmacht. Für mich ist es in der psychologischen Beratung und auch Therapie von immenser Bedeutung, dass mein Gegenüber wirklich weiß, wovon er spricht. Ich hoffe sehr, dass meine Geschichte euch nicht nur im Herzen berührt, sondern dass sie mir auch einen kleinen Vertrauensvorschuss gibt, denn als verwaiste Mutter weiß ich, wie sich das Schlimmste im Leben anfühlen kann und als positive Psychologin, weiß ich, wie man mit Hilfe der Positiven Psychologie dem kleinen Sonnenstrahl am Ende des Tunnels Schritt für Schritt ein wenig näher kommen kann.